Offnung der Stadt Arben vom 29.Januar 1255

aus dem Lateinischen übersetzt von Prof.Dr. Otto P.Clavadetscher Im Namen des Herrn, amen. Da wir Bürger von Arben von unseren Herren aufgefordert und ersucht worden sind zu sagen, was für Rechte unser ehrwürdiger Herr, der Bischof von Konstanz, dessen Vögte und der Meier und die Stadt Arben in Arben haben und haben sollen,

(1) sprechen wir unter Eid, dass jedesmal, wenn unser Herr Bischof von den Bürgern Arbons fordert, dass sie ihm Treue und Huld schwören, ihm die Stadt bewahren und sie ihm zur Verfügung halten, wenn das Wohl seiner Kirche dies erfordert, wirdies alles erfüllen müssen, wenn wir nicht durch rechtmäasige Hinderungsgründe ausserstande sind, ihm die Stadt zur Verfügung zu halten.

(2) Weiter sprechen wir, dass der Bischof von allen Leuten der Konstanzer Kirche die rechtmässigen Abgaben, Fälle genannt, empfangen soll, wenn sie sterben.

(3) Weiter sprechen wir, dass der Bischof jedesmal, wenn er nach Arben kommt, seine Pferde in der Stadt unterbringen lassen kann, wenn er will.

(4) Weiter sprechen wir, dass jedesmal, wenn er hier ist, jeder, der eine Schuppase besitzt, ihm ein Bett zur Verfügung stellen muss.

(5) Weiter sprechen wir, dass, falls wir die Rechte des Bischofs etwa nicht vollständig angegeben haben sollten und darüber belehrt würden, zu wenig erwähnt zu haben, wir das anerkennen und ausführen werden.

(6) Weiter sprechen wir, dass wir jährlich unsern Vögten 16 Pfund Pfennig geben sollen d.h.die Vogtsteuer, und der Ammann muss als Abgabe zu Weihnachten 16 Schilling geben.

(7) Weiter sprechen wir, dass dem Ammann für jede Gewalttätigkeit (Frevel) 6o Schilling zu bezahlen sind.

(8) Weiter sind dem Ammann als Busse für unrichtiges Gewicht und Mass 6o Schilling und für Sc?impfworte 3 Schilling zu entrichten, wovon 1 Schilling dem Ammann verbleibt. (Offnung von 1255)

(9) Weiter verfallen die Bussen für alle Gewalttaten (Frevel) mit Ausnahme der Verwundungen und des Hausfriedensbruchs dem Ammann.

(10) Weiter sprechen wir, dass jeder Bäcker dem Ammann ein Viertel Landwein durchschnittlicher Qualität und zwei Schulterstücke geben muss.

(11) Dasselbe schulden auch die Metzger.

(12) Weiter sprechen wir, dass der Ammann dreimal im Jahr die Bäcker, Metzger und Wirte vor sich zitieren soll, damit sie die vorgesehene Strafe empfangen, falls sie sich in ihrem Beruf vergangen haben.

(13) Weiter sagen wir, dass für jeden verstorbenen Arboner Bürger ein Ochse oder ein Pferd, falls er solche hatte, als Fall geleistet werden muss.

(14) Weiter sprechen wir, dass für eine verstorbene Frau ihr bestes Kleid gegeben werden muss, wenn sie nicht eine heiratsfähige Tochter hat.

(15) Weiter sprechen wir, dass, wenn ein Mann oder eine Frau ohne Nachkommen stirbt, der nächste Verwandte, der ihres Standes ist, erben soll und wenn sie unausgeschiedene bewegliche oder unbewegliche Habe hinterlassen haben, so soll sie nach Erbrecht dorthin zurückkehren, woher sie gekommen ist.

(16) Weiter sprechen wir, dass das, was sich innerhalb des Grabens und über dem Graben befindet, der Stadt gehört.

(17) Weiter sprechen wir, dass das, was innerhalb der Tore der Stadt Arbon liegt, es seien Häuser oder Hofstätten, alles dem Marktrecht untersteht, mit Ausnahme des Hofs unseres Herrn des Bischofs, des Hofs des Leutpriesters, des Hofs des Herrn vom Kilchhof, des Hofs der Herren von Roggwil, des Hofs Nepphein und des Hofs Schani.

(18) Weiter sprechen wir, dass alle, die in der Stadt sind, Wachtdienst leisten und die Steuer für den Wachtdienst geben sollen, ausgenommen die erwähnten Höfe und die Familia (Hausgenossen) unserer Herren. (Offnung von 1255)

(19) Weiter sprechen wir, dass jeder sein Gut verkaufen kann, wem er will, und der Käufer des Gutes muss dem Ammann ein Viertel Wein geben, dafür wird der Ammann bei Strafe von 6o Schilling dafür sorgen, dass niemand den Käufer ungerechterweise belästigt oder bedrängt.

(2o) Weiter sprechen wir, wenn über ein Urteil vor dem Gericht Streit entsteht, so soll das mindere Urteil dem mehreren folgen, wenn nicht das mindere nach Konstanz weitergezogen und der Prozess dort weitergeführt wird, wie es das Recht verlangt.

(21) Weiter sprechen wir, dass wenn in Konstanz von den im See aufgefüllten Hofstätten Zehnten gegeben werden, wir von solchen ebenfalls dem Leutpriester Zehnten geben sollen.

(22) Weiter sprechen wir, dass das Viertel Wein in Arbon zwei Pfennig teurer verkauft werden soll als in Konstanz.

(23) Weiter sprechen wir, dass wir um die Stadt Arbon einen Weg haben sollen, der von jedermann mit einer Last oder Bürde begangen werden kann.

(24) Weiter sprechen wir, dass der Keller die Brücke vor dem Tor machen soll.

(25) Weiter sprechen wir, dass demjenigen, der für die ihm auferlegte Busse keine Genugtuung leisten kann, die Stadt verboten werden soll, und wer ihn nach diesem Verbot in der Stadt als Gast aufnimmt, soll die Busse bezahlen, die jenem auferlegt wurde, und der Ammann soll dessen Namen veröffentlichen. Damit soll der, welcher den Frevel begangen hat, von jener Busse, die er dem Kläger oder dem Beklagten oder dem Gericht hätte zahlen sollen, befreit sein, wie wenn der, welcher bezahlt hat, selber Beklagter oder Kläger gewesen wäre.

(26) Weiter sprechen wir, dass auf unseren Weiden nur das Vieh der Stadt und des Dorfes geweidet werden darf und dass keiner inserer Herren daran mehr Recht haben soll als der andere und dass unser Meier die in den erwähnten Weiden ausgesprochenen Bussen erhalten soll, und wenn wir dort Schaden erleiden, so soll uns der Meier darüber Recht sprechen. (Offnung von 1255)

(27) Weiter sprechen wir, wenn wir einen Hirten für unsere Rinder haben wollen, so hat der Meier ihn auf unseren Rat hin zu besorgen.

(28) Weiter sprechen wir, dass der Keller uns den Eber geben soll und der Leutpriester den Stier für unsere Herde.

(29) Weiter sprechen wir, dass die Brühl genannte Wiese und alle der Stadt Arbon gehörenden Wiesen anfangs Mai eingezäunt und bewacht werden sollen, was man Einfrieden nennt, und wenn das erste Heu geschnitten ist, sollen sie Gemeinweide sein.

(30) Weiter sprechen wir, wenn einer beim Ammann klagt, dass ein Bäcker in Arben allzu kleines Brot gebacken habe, so muss dieser dem Kläger drei Schillinge und dem Ammann drei Schillinge als Busse bezahlen oder sicherstellen. Damit all das Vorerwähnte von unserem Herrn Bischof, unseren Herren Vögten und dem Meier tinverletzlich gehalten werde, haben diese die gegenwärtige Urkunde mit ihren Siegeln bekräftigt. Gegeben und geschehen zu Arbon im Jahre des Herrn 1255,
am 29.Januar Die drei Siegel (Bischof, Vogt und Meier) sind abgerissen. In einer Abschrift der deutschen Uebersetzung vom lo.Mai l4 Wodurch den Zürcher Stadtschreiber Michael Stäbler, genannt Graf, von Stockach sind die Siegel jedoch beschrieben:

1. Langes (ovales) Siegel des Bischofs: Bischof in Messgewand und Inful auf dem Thron sitzend, in der rechten Hand den Bischofsstab, in der linken Hand ein offenes Buch. Umschrift: Bischof Eberhard

2. Runder Wappenschild, schrägrechts geteilt. Umschrift: Volkmar von Kemnat J.

3. Schildförmiger Wappenschild, Adler mit ausgebreiteten Schwingen und Schwanz. Umschrift: Rudolf von Arben Im Original sind die Abschnitte nicht beziffert.
Die Formel "Wir sprechen" (lat. dicimus) bedeutet sprechen im Sinne von offnen, erklären was geltentes Recht ist. Januar 1988

Aus dem Archiv

  • Ältestes Stadtrecht der Stadt Arbon

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